Kommunikation ist nicht nur der Grundmodus der digitalen Gesellschaft, sondern auch der Grundmodus der Kirche. Eine Kirche ohne Kommunikation gab es nie und wird es nie geben. Nicht nur in der Verkündigung des Evangeliums selbst, sondern auch im Meinungs- und Informationsaustausch untereinander haben sich Christen zu allen Zeiten der Medien und Möglichkeiten bedient, die für die Kommunikation zur Verfügung standen.
Dieses Spektrum der zur Verfügung stehenden Medien hat sich mit der Digitalisierung erheblich vergrößert. Zu den analogen Medien (Bücher, Zeitungen und Zeitschriften, Gemeindebriefe, Schaukästen, Plakate, Briefe, Telefon etc.) sind digitale Medien (Websites, Blogs, digitale Kommunikationsplattformen, Messengerdienste etc) hinzugekommen und prägen zunehmend unsere persönliche und auch die innerkirchliche Kommunikation.
Die Kirche sollte die zur Verfügung stehenden Formen der Kommunikation daher als Chance betrachten und ihre Nutzung für kirchliche Zwecke insgesamt positiv bewerten. Sie muss sich im Blick auf neue Kommunikationsformen und neue Medien aber entscheiden, in welcher Weise sie dort auch institutionell präsent sein möchte, wo Menschen sich digital treffen.
Zu beobachten ist außerdem, dass die Grenze zwischen analoger und digitaler Kommunikation immer mehr verschwimmt: Bücher können online bestellt werden, das Plakat für das Kirchenkonzert findet man auf der Website, Verabredungen zur Gottesdienstvorbereitung werden per Doodle abgestimmt und anderes mehr. Die meisten Christen besitzen ein Smartphone und nutzen es regelmäßig. Die Digitalisierung unseres persönlichen Lebens ist in vielen Feldern schon weit fortgeschritten und umfasst damit ganz natürlich auch das christliche Engagement.
Das Bedürfnis nach Partizipation an Prozessen und dem Austausch über gesellschaftliche Grenzen hinweg ist aktuell überall in der Gesellschaft zu beobachten. Ein Von-oben-nach-unten-Entscheiden wird von Menschen nicht mehr ohne weiteres akzeptiert. Prozesse müssen daher eine beständige Möglichkeit der Kommunikation in einer dialogischen Form beinhalten sowie Möglichkeiten der Partizipation vorsehen. Dies macht neue Formen und ein neues Verständnis der Mitgliederkommunikation erforderlich. Soziale Medien sollten daher auch im Sinne einer dialogischen und lernenden Kirche genutzt und verstanden werden.
Institutionelle Kommunikation
Für die Kirchgemeinden trifft bereits zu, dass jede Gemeinde zumindest eine eigene Website besitzt, auch wenn der Grad der Inhaltstiefe und Aktualität unterschiedlich sein mag. Eine Präsenz in sozialen Medien hängt in den Kirchgemeinden aber nach wie vor noch davon ab, ob sich engagierte Mitarbeitende finden, die dies beginnen und durchhalten. Obwohl in der persönlichen Kommunikation und Praxis verschiedenste Medien genutzt werden, gibt es noch keine gemeinsame Zielvorstellung darüber, wie eine kirchliche digitale Kommunikation insgesamt aussehen könnte, worin die Chancen liegen und welche Risiken zu beachten sind. Hierfür sollten Leitlinien erarbeitet werden, die die Situation und die Möglichkeiten der Kirchgemeinden in den Blick nehmen und praktikable Regeln für die kirchliche Nutzung digitaler Kommunikation anbieten (Social-Media-Guidelines).
Damit einher geht die Notwendigkeit gezielte Weiterbildungen für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende zu etablieren, um eine Professionalisierung der digitalen bzw. crossmedialen (d.h. die einzelnen Medien miteinander verknüpfenden) Kommunikation zu fördern. Die Öffentlichkeitsarbeit der Kirchgemeinden kann durch die Bereitstellung von praktikablen Werkzeugen und digitalen Inhalten von landeskirchlicher Seite unterstützt werden. Beispiele dafür sind Webbaukästen, Bilddatenbanken oder wiederverwendbare bzw. teilbare Inhalte zu kirchlichen Themen.
Informationsvermittlung
Glaubensinhalte, kirchliche Entscheidungsverfahren und Entscheidungen sowie kirchliche Regeln und Gesetzmäßigkeiten müssen verständlich erklärt werden. Dafür eignen sich digitale Medien in guter Weise. Bilder, Videos und kurze Texte, die den christlichen Glauben, die Kirche und ihre Strukturen darstellen, helfen einzelnen Christen darüber hinaus auch in der persönlichen Kommunikation ihres Glaubenslebens.
Die Weiterbildung von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen ist ein Bereich, bei dem digitale Medien erhebliche Unterstützung leisten und damit orts- und zeitunabhängig eine viel größere Zielgruppe erreichen können (Online-Tutorials und Erklärvideos).
Die Erprobung digitaler kirchlicher Kommunikation sollte in möglichst vielfältiger Weise ermöglicht, unterstützt und befördert werden. Für die Kirche ergibt sich daraus die Möglichkeit, von guten Ideen und erfolgreichen Projekten als Gesamtkirche zu profitieren. Eine Plattform von „Best-Practice-Modellen“ könnte in verschiedenen Bereichen kirchlicher Arbeit Gemeinden und Akteure miteinander in Kontakt bringen und vernetzen.
Vernetzung
Chancen ergeben sich auch in der digitalen Vernetzung mit anderen Kirchen sowie Akteuren der Zivilgesellschaft. Digitale Netzwerke stellen Möglichkeiten für Austausch, Kontaktpflege und gegenseitige Unterstützung dar. Durch die persönliche Präsenz von Christen mit einem deutlichen christlichen Profil bekommt die Kirche viele Gesichter und wird persönlich ansprechbar. Aber auch die Vernetzung mit anderen kirchlichen Akteuren wird durch digitale Kanäle einfacher. Ein gemeinsames Agieren und gegenseitiges Unterstützen von Landeskirchen, Kirchgemeinden bzw. kirchlichen Einrichtungen und Trägern wird um ein Vielfaches erleichtert.
6 Kommentare
L Krause · 30. Juni 2019 um 17:19
Auch in einer digitalisierten Kommunikationswelt, die den direkten Austausch der Beteiligten und noch Nicht-Beteiligten untereinander möglich macht, braucht es akzeptierte Plattformen für Informationsvermittlung und Diskussion. DER SONNTAG als traditionsreiche Zeitung für die Landeskirche ist eine solche Plattform mit einer starken Marke. Was fehlt, ist ein deutlicher Schub in Richtung Digitalisierung, z.B. durch eine App oder eine sinnvolle Verbindung zu lokalen Informationsangeboten (Gemeindebriefe etc). Hier sollte die zu erarbeitende Strategie einen Handlungspunkt fixieren und die strukturelle bzw. finanzielle Untersetzung diskutieren lassen.
Uwe · 16. April 2019 um 9:01
Das entscheidende bleibt die persönliche Beziehung zu den Menschen in unserem Umfeld. Dann können auch die Medien sinnvoll eingesetzt werden. Das sollte sich auch in den Weiterbildungen aller kirchlicher MitarbeiterIn sichtbar werden. Warum wird nur theoretisch über so etwas geredet und nicht praktisch in konkrete Handlungsfelder eingeführt?
Claudia · 9. April 2019 um 16:04
Zu Kapitel 2.2
Den Kapiteln „Institutionelle Kommunikation“ und „Informationsvermittlung“ fehlt meines Erachtens der dialogische Aspekt. Ohne Interaktionsangebote vergeben wir uns sehr viel.
Claudia · 9. April 2019 um 16:04
Zu Kapitel 2.2 Informationsvermittlung
Ich wünsche mir, dass in der Aus- und Weiterbildung aller Mitarbeiter*innen im Verkündigungsdienst unserer Landeskirche, Wissen über die große Brandbreite digitaler Kirche schon heute vermittelt wird (vor allem best practice) und grundlegende Kompetenzen aufgebaut werden, selbst Teil der digitalen Kirche zu werden. Bezogen auf soziale Medien heißt das zum Beispiel, dass Pfarrer*innen, Gemeindepädagog*innen und Kantor*innen ausdrücklich ermutigt werden, dort präsent zu sein und ausprobieren zu dürfen, was zu ihnen passt. Idealerweise umfasst die Ermutigung eine kleine Anleitung, dass Twitter, Instagram, Facebook usw. keine Schaukästen sein, sondern Plattformen, die zum Dialog und zur Kommunikation aufrufen. Idealerweise gehen kirchliche Führungskräfte mit guten Beispiel voran (gutes Beispiel: @bellabahr).
Claudia · 9. April 2019 um 16:01
Zu Kapitel 2.2 Informationsvermittlung
Ich wünsche mir, dass wir im Zeitalter der Digitalisierung nicht nur in Angebotsformaten (wie Erklärvideos und Onlinetutorials) denken. Ein Großteil von Weiterbildung findet heutzutage in Diskussionsforen, Chats usw. statt. Ich selbst bin Kirchvorsteherin und ich wünsche als Unterstützung für die Kirchenvorstandsarbeit vor Ort ein Forum / eine Onlinediskussionsmöglichkeit für Kirchvorsteher (und sinnvollerweise auch Kirchgemeindevertreter oder Ehrenamtliche in der EVLKS generell) und ich bin mir sicher, dass ich nicht die Einzige bin, die dies nutzen würde. Gerade im aktuellen Strukturprozess wäre es sehr hilfreich, wenn man sich austauschen könnte über Vertragsklauseln, best practice, lessons learned usw. Es für mich (und sicherlich viele andere) sehr gewinnbringend, wenn es zwischen den Kirchvorstehern in der EVLKS mehr/häufiger einen internen Austausch gäbe, ohne, dass man sich physisch treffen muss. Idealerweise wäre solch ein Forum nicht auf die EVLKS beschränkt, sondern von Kirchvorsteher*innen, Gemeindekirchenrät*innen usw. der ganzen EKD nutzbar.
Trotzdem sind Erklärvideos und Onlinetutorials sehr gut und hilfreich und könnten zum Beispiel Ergebnis von Lerneinheiten an unseren eigenen Bildungseinrichtungen und auch im Konfiunterricht entstehen. Auch Ehrenamtliche vor Ort könnten ermuntert werden, ihr Wissen in kurzen Videos zur Verfügung zu stellen. Ich denke aber, dass es hierzu momentan noch viel Anstoß braucht. Aber Erfahrungsaustausche (derer es ja etliche in unserer Landeskirche gibt) könnten ganz gezielt dazu genutzt werden, dass solche Produkte entstehen.
Claudia · 9. April 2019 um 16:01
Zu Kapitel 2.2 Institutionelle Kommunikation
Die vorgeschlagenen Leitlinien (Social Media Guidelines) sind sicherlich sinnvoll, allerdings muss das die EVLKS nicht allein machen. Bitte mit den anderen Landeskirchen kooperieren und/oder brauchbare Ansätze anderer Landeskirchen übernehmen. Vor allem aber dürfen solche Leitlinien nicht so verstanden werden, dass man nichts tun darf, bevor eine solche Leitlinie verabschiedet ist. Gerade der Social Media Bereich lebt meines Erachtens vom „einfach mal machen, Erfahrungen sammeln, besser machen usw.“ Ich halte es für sehr wichtig, begleitende Weiterbildung und Erfahrungsaustausche für „kirchliche“ Social Media-Nutzer anzubieten. Aufgabe der Landeskirche wäre es demnach, diesen Nutzern hilfreich mit Rat und Best Practice zur Verfügung zu stehen. Dabei sollte die Sensibilisierung der kirchlichen Nutzer für Datenschutz eine wesentliche Rolle spielen. Aber möglichst im Sinne von: wir helfen dabei, es besser zu machen (nicht daran hindern, überhaupt Social Media Arbeit zu machen.) Voraussetzung dafür ist eine Kultur, in der auch Fehler gemacht werden dürfen.